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Familiengericht entscheidet über Mediennutzung

Geschrieben von Kanzlei 
Veröffentlicht am 4. März 2019

"Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.“ So lautet § 1666 Abs. 1 BGB.

Dies bedeutet, dass ein Familiengericht Maßnahmen zum Schutz eines Kindes ergreifen muss, wenn es erfährt, dass das Kind durch seine Lebensumstände mutmaßlich akut in der Entwicklung erheblich gefährdet wird – oder gefährdet werden könnte. Dabei muss das Familiengericht in jedem Einzelfall prüfen, wie groß und realistisch die Gefahr ist, und ob das Gericht tatsächlich eingreifen muss. Wird eine solche Gefährdung angenommen, kann das Familiengericht zahlreiche Maßnahmen anordnen – bis zum vollständigen Entzug des elterlichen Sorgerechts.

Bei dieser Entscheidung gelangen moderne Medienangebote wie Facebook, WhatsApp sowie Computerspiele und Konsolen immer stärker in den Fokus der Rechtsprechung. Sicherlich auch bedingt durch medial präsente Ereignisse wie die Amokläufe in Emsdetten oder Erfurt, wird die Nutzung gerade von Spielekonsolen und das Spielen von Gewaltspielen immer kritischer durch Gerichte beurteilt.

Eine Vorreiterrolle hat hier das Familiengericht Bad Hersfeld eingenommen. Es hat gleich mehrere Entscheidungen zur Nutzung moderner Medien durch Kinder getroffen und dabei jeweils eine Kindeswohlgefährdung angenommen (AG Bad Hersfeld, FamRZ 2016, 2114; FamRB 2017, 301; zuletzt FamRZ 2018, 1003). Dabei hat das Familiengericht den Eltern jeweils detaillierte Auflagen erteilt, wie diese den Umgang ihrer Kinder mit modernen Medien überwachen und gegebenenfalls verhindern müssen.

Gericht verbietet Kindern Playstationspiele

Im zuletzt entschiedenen Fall wurde im Rahmen eines Sorgerechtsstreits zwischen den Eltern bekannt, dass der zehnjährige Sohn bei beiden Eltern regelmäßig auf einer Playstation Spiele mit der Einordnung „USK ab 18“ spielt. Das Familiengericht machte den Eltern daraufhin die Auflage, ihrem Kind diese Spiele nicht mehr zu Verfügung zu stellen. Außerdem müssten sie sicherzustellen, dass solche Spiele auf der eigenen Playstation nicht mehr gespielt werden.  Dabei sei egal, ob Klassenkameraden solche Spiele ebenfalls spielten und das Kind hierbei Nachteile in der Gruppe erleide. Es ginge allein um die abstrakte Gefährdung, welche durch derartige Spiele entstünde.

Eine durchaus beachtliche Entscheidung, denn das Familiengericht hat nicht explizit überprüft, ob das Kind tatsächlich Verhaltensauffälligkeiten zeigt oder die Entwicklung anderweitig gefährdet sein könnte. Auch wurde nicht erörtert, ob es ausgereicht hätte, die Spielzeit einzuschränken oder zu reduzieren. Man kann das Signal positiv bewerten, dass Eltern ihre Kinder nicht blindlings beim moderner Medien und Spiele sich selbst überlassen sollen. Doch die generalisierende Betrachtung des Gerichts ist eher abzulehnen. Ein derartiges Einschreiten und die Beschränkung der elterlichen Erziehungskompetenz sollten nur bei konkreten Gefährdungen zulässig sein.

Abzuwarten bleibt, wie sich die familiengerichtliche Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt. Ein Richter eines Familiensenates des Oberlandesgerichtes in Schleswig-Holstein jedenfalls hat die Entscheidung des Amtsgerichtes sehr kritisch beurteilt.

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